Kissing Monday – Die Macht des Kusses

Weil ich vor kurzem wieder daran erinnert wurde, wie gerne ich küsse, und weil überhaupt viel mehr geküsst werden sollte, habe ich diesen Text, den ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe, wieder ausgegraben. Wie kann man eine Woche auch schöner beginnen als mit einem Kuss …?

Wien, 29.1.2017

Die Macht des Kusses. Manchmal sagt ein Kuss mehr als tausend Worte. Manchmal sagt er gar nichts, sondern spricht für sich selbst, steht einfach nur für das, was er ist: ein Kuss. Manchmal steht hinter dem Kuss Liebe, und trotzdem bringt er vorhandene Gefühle nicht richtig zur Geltung, kann nicht ausdrücken, was er eigentlich sollte. Manchmal passiert ein Kuss aus einer Laune heraus, aus reiner Abenteuerlust und Neugier, ist aber dennoch so voller Zärtlichkeit und Gefühl, so intensiv und hingebungsvoll, als wäre er zwischen zwei Liebenden passiert. Und der Reiz des gesamten Spiels dreht sich plötzlich nur noch um den Kuss.

Zungen sind dazu gemacht, Wörter zu formulieren und sich damit verständlich zu machen, manchmal müssen sie aber gar nichts sagen, und drücken sich so viel effektvoller aus. Machen Wörter und verschiedene Sprachen irrelevant. Und manchmal – ganz selten – liegt der Reiz eines solchen Kusses in einem simplen Sich-Berühren von Lippen, ganz zärtlich, ganz weich, dieses Einander-nur-leicht-Spüren erscheint einem süßer als das vollkommene Eins-Werden. Die Erde steht still, doch die Zeit läuft trotzdem weiter. Man möchte sie aber gerne aufhalten und ertappt sich dabei, wie der Kopf die berühmten Worte formuliert: Oh, Augenblick, verweile!

Manchmal darf man einen Kuss durchaus als perfekt bezeichnen. Wenn er einfach nur glücklich macht und erfüllt, ohne gleich bedeutungsschwer und symbolisch daherkommen zu müssen. Wenn er einen erschauern lässt und gleichzeitig das Gefühl absoluter Entspannung vermittelt. Wenn er einen innerlich und äußerlich wärmt, selbst im kältesten Winter. Wenn man die Zeit anhalten und sich ihm endlos hingeben will. Und vor allem wenn man weiß, dass man die berühmten Worte aussprechen darf, ohne dabei seine Seele an den Teufel verloren zu haben.

Manchmal ist ein Kuss auch ein Reset seines früheren Gefühlszustandes. Er macht Vergangenes vergessen und entbehrlich. Große Lieben und problematische Musen werden aus dem emotionalen Gedächtnis getilgt. Innerhalb von Minuten. Ein unendlich schönes Gefühl von Freiheit, Erleichterung und Unbeschwertheit. Man merkt es nicht sofort, doch wenn man es merkt, dann macht einen die Erkenntnis umso glücklicher. Emotionaler Nullzustand. Selige Gleichgültigkeit dem Alten gegenüber. Etwas, das man noch vor kurzem für unmöglich und unvorstellbar gehalten hatte. Man neigt dann auch überschwänglich dazu, diesen Kuss als idealen Glücksfall zu bezeichnen. Als ein gefühlvoll-zärtliches, emotionsfreies, pures Vergnügen zum Zwecke der Ausschaltung von emotionalen Ballasten also. Der ebenfalls berühmte Widerspruch in sich selbst, aber dennoch möglich. Aber dennoch möglich?

Die Macht des Kusses. Man sollte nicht immer alles analysieren und infrage stellen (obwohl man weiß, dass es Auswirkung auf seine zukünftige Arbeit als Schriftstellerin haben wird), sondern vieles einfach nur hinnehmen und genießen, was es bei einem bewirkt hat. Und die berühmten Worte trotzdem aussprechen dürfen. Aus reiner Sehnsucht und Verlangen nach schönen, seltenen und deshalb so sehr kostbaren Momenten und Begegnungen. Aus purer Lust am Leben.

carakiss

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